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Von der Integration zur Inklusion

Ein europäisches Fortbildungsprojekt der Fichtenberg-Oberschule Berlin

Erasmus+ Leitaktion 1 "Mobilitätsprojekte für Schulpersonal"

Auf dem Weg zum inklusiven Gymnasium mit dem Schwerpunkt Sehen unternahm ein Team von 19 Lehrkräften der Berliner Fichtenberg-Oberschule eine bildungspolitische Erkundungsreise in sechs europäische Länder. Sensibilisiert für Inklusion, erfüllt von den Eindrücken an Schulen im Ausland und mit neuen Erkenntnissen zu funktionierenden pädagogischen Konzepten kamen sie zurück. Das ein Jahr lang von der europäischen Union geförderte Mobilitätsprojekt hat der Schule neue Impulse gegeben und sich im Schulalltag bereits ausgewirkt. Der PAD stellt das beispielhafte Projekt mit dem Titel "Inklusion – Gemeinsamer Unterricht mit SchülerInnen mit unterschiedlichem (sonderpädagogischen) Förderbedarf, insbesondere Blinde und Sehgeschädigte" als Projekt des Monats im Januar 2016 vor.

Das Projekt

"In Deutschland kennen wir kaum Vorbilder für Inklusion im Gymnasium und für Schwerpunktschulen zur Sehbehinderung. Es ist schwierig, die Aspekte Inklusion und Gymnasium zusammenzubringen. Deshalb waren wir auf der Suche nach neuen Blickwinkeln und Ideen," erinnert sich die Projektkoordinatorin Sabine Eicke an den Anfang des Projektes. "Das Kollegium interessierte sich daher, wie andere Länder in Europa mit der Heterogenität ihrer Lernenden umgehen und individuelle Förderung ermöglichen."

Die Fichtenberg-Oberschule in Berlin hat seit 35 Jahren Erfahrung mit der Integration von blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern. In den letzten Jahren konnten weitere Jugendliche mit anderem Förderbedarf aufgenommen werden, sodass sich die Schule heute auf dem Weg von der Integration zu Inklusion befindet. Hinzu kam die Anforderung, die Sanierung des Schulgebäudes so zu begleiten, dass auch die räumlichen Voraussetzungen für eine inklusive Pädagogik geschaffen werden.

Das Team der Fichtenberg-Oberschule um die Mathematik- und Musiklehrerin Sabine Eicke formulierte die Anforderungen an das Fortbildungsprojekt, das die Schule auf den Weg zur Inklusion bringen soll. Für ihren gut durchdachten Antrag auf ein Mobilitätsprojekt erhielt die Fichtenberg-Oberschule 2014 eine finanzielle Förderung im Rahmen der Leitaktion 1 des europäischen Bildungsprogramm Erasmus+.

Auf der Reise zu einer inklusiven Kultur

Auf der Suche nach neuen Möglichkeiten des Bildungsmanagements und einer Kultur für den Umgang mit Heterogenität, reisten Teams aus dem Kollegium in europäische Länder, die gute PISA Ergebnisse erzielen, oder im Rahmen der Lissabon-Strategie beispielhafte Abschlusszahlen innerhalb eines möglichst inklusiven Schulsystems erreichen. Insgesamt fuhren 19 Lehrkräfte der Fichtenberg-Oberschule in Gruppen von ein bis fünf Personen in die Länder Finnland, Schweden, Großbritannien, Spanien, Österreich und Italien. Alle Fachbereiche der Schule und Mitglieder der Schulleitung waren vertreten.

Ein Jahr lang lernten die Lehrkräfte aus Berlin in europäischen Fortbildungsveranstaltungen und durch Hospitationen an ausländischen Bildungseinrichtungen neue Ansätze der Inklusion kennen. Die Gruppen sprachen in den verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Akteuren des Bildungssystems (vom Kindergarten bis zur Universität). Bei staatlichen Stellen fand ein Meinungsaustausch zur Bedeutung der Inklusion im gesellschaftlichen Leben statt.

"In Südtirol, wo seit vielen Jahren jedes Kind inkludiert wird, haben wir persönlich die Willkommenskultur erlebt, die jeden Menschen mit seinen individuellen Voraussetzungen und Wünschen ernst nimmt. Wir hatten das Gefühl, dass auch die Schülerinnen und Schüler so angenommen werden", berichtet Sabine Eicke von den Erfahrungen ihres Bildungsaufenthalts in Italien. An einer Sekundarschule erlebten sie, dass selbst ein mehrfach schwerstbehindertes Kind am Unterricht teilnehmen kann, weil es einen eigenen Raum und Assistenzpersonen hat, die ihm nicht nur das Lernen, sondern auch Erholung und Rückzug ermöglichen. Darüber hinaus beeindruckten in Südtirol die hellen Schulgebäude mit flexibler Raumaufteilung, freundlicher Atmosphäre und vielen Möglichkeiten für individuelles Lernen.

In Spanien und Großbritannien wurde Kontakt mit den nationalen Selbsthilfeverbänden für Blinde aufgenommen. "Der Besuch in Spanien hat uns für das Thema Inklusion weiter sensibilisiert. Beispielsweise erwähnten viele blinde Schülerinnen und Schüler, dass sie soweit wie möglich autonom ihr Leben führen möchten und nicht als Menschen mit besonderer Behandlung erkannt werden wollen. Dessen sind wir uns jetzt bei der täglichen Arbeit mit Förderschüler/-innen bewusster als vorher", heißt es im Bericht. Es gab vielfältige Hospitationen in verschiedenen Schultypen. Abends oder nachmittags fanden Vorträge oder Seminare statt. Organisiert wurden die Bildungsreisen entweder im Kollegium selbst oder in Zusammenarbeit mit dem Fortbildungsveranstalter "Forum Eltern und Schule".

Neuer Elan für ein erfahrenes Kollegium

Die neu erworbenen Kenntnisse zu Themen wie Schulstruktur, Binnendifferenzierung und Schularchitektur, zur Einbeziehung von Selbsthilfeverbänden, zur multiprofessionellen Zusammenarbeit und Vernetzung, zu Fragen der Fortbildung, der notwendigen Ressourcen und der individuellen Förderplanung fließen direkt in das Handeln, den Unterricht und in die Gremienarbeit ein. Themenbeispiele für die Arbeit in Gremien sind: die Anpassung des schulinternen Curriculums bzw. des Schulprogramms; die Einrichtung eines neuen Unterstützungsteams für Schüler/-innen mit besonderem Förderbedarf und besonderen Bedürfnissen; die Vernetzung mit außerschulischen Institutionen, die in diesem Zusammenhang helfen könnten; der Versuch, bei der baulichen Neugestaltung der Schule eine Mitspracherecht zu erhalten, um auch pädagogische Überlegungen einfließen lassen zu können. Diskutiert wird das Selbstverständnis der Schule in Bezug auf die Prinzipien "Gymnasium" und "Inklusion", die sich streng genommen ausschließen, und in Bezug auf das Thema Schwerpunktschule.

"Alle sind bereichert und sehr enthusiastisch zurückgekommen. Es ist ein bisschen schwierig, die Begeisterung zu erhalten. Aber wir haben Arbeitsgruppen gebildet, die die Projekte voranbringen", stellt Sabine Eicke fest. So haben sie ein Konzept aus Skandinavien aufgegriffen, wo Unterstützungsteams aus verschiedenen Professionen bei Problemen beraten und Schülern, Eltern und Lehrern zur Seite stehen. An der Fichtenberg-Oberschule gibt es jetzt das interdisziplinär zusammengesetzte "Ankerteam", das bei Konflikten hilft. Auch ein Fortbildungstag für das gesamte Kollegium ist geplant, um die inklusive Haltung an anderen Schulen zu erleben. Ein Konzept wird entwickelt, um Gespräche zwischen Lehrkräften und Schülern zu institutionalisieren, wie sie an skandinavischen Schulen üblich sind.

"Das intensive Fortbildungsjahr hat uns Horizonterweiterung, neuen Elan und viele Ideen gebracht. Und es hat Spaß gemacht. Bei den 19 Kolleginnen und Kollegen ist der Funke der Inklusion übergesprungen und wir sind überzeugt, dass sich das langfristig auf die gesamte Schule auswirken wird."

Projektdaten

Projekttitel "Inklusion – Gemeinsamer Unterricht mit SchülerInnen mit unterschiedlichem (sonderpädagogischen) Förderbedarf, insbesondere Blinde und Sehgeschädigte"

Ansprechpartnerin

Sabine Eicke, Lehrerin für Musik und Mathematik

Die Fichtenberg-Oberschule ist ein Berliner Gymnasium mit rund 725 Schülern und liegt in der Rothenburgstraße in Berlin-Steglitz. Eine Besonderheit der Schule besteht in der Integration von blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern, die seit 1980 erfolgreich durchgeführt wird.
Fichtenberg-Oberschule (Gymnasium)

Projektpartner

Das Forum Eltern und Schule ist ein Veranstalter, der bildungspolitische Weiterbildungsprogramme für Schulen in ausgewählten europäischen Ländern anbietet. Themen sind dabei unter anderem individuelle Förderung, Inklusion oder Heterogenität der Lernenden.

Projektsprachen

  • Englisch, Spanisch, Deutsch

Projektlaufzeit

  • 11. Oktober 2014 bis 10. Oktober 2015

Förderprogramm

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