"Who do you think you are?"

Kinder aus Deutschland, Schweden und dem Vereinigten Königreich begeben sich auf Spurensuche zu ihren familiären Wurzeln
Ein einjähriges eTwinning-Projekt zur Migrationsgeschichte von Schülerinnen und Schülern
"Was denkst du, wer du bist? Was weißt du über deinen Hintergrund und die Herkunft deiner Familie? Was weißt du über Traditionen, die typisch sind für die Region, aus der deine Familie kommt? Sind diese Traditionen für dich und deine Familie wichtig und spielen sie noch eine Rolle?" Drei Schulen aus drei Ländern (Deutschland, Vereinigtes Königreich und Schweden) sind Partner in dem fächerübergreifenden Projekt "Who do you think you are – come trace your roots with us". Ein Jahr lang arbeiteten sie zusammen, damit sich Schülerinnen und Schüler über ihre Erfahrungen mit Migration austauschen und vergleichen können, wie sie sich ähneln und unterscheiden und was sie miteinander verbindet.
Die Siegerland-Grundschule in Berlin-Spandau führt seit 10 Jahren mit Schülergruppen erfolgreich eTwinning-Projekte durch, die bereits mit deutschen und europäischen Qualitätssiegeln ausgezeichnet wurden. "Die Projektarbeit über eTwinning verändert die Kinder. Sie sind motivierter und bemühen sich, in der Fremdsprache zu kommunizieren", stellt Christiane Meisenburg fest, die das eTwinning-Projekt in Berlin im IT-Unterricht koordiniert. Der PAD zeichnet das beispielhafte Projekt als Projekt des Monats März 2016 aus.
Die eigene Geschichte erforschen

"Länderübergreifende Projekte fördern die Fähigkeit Werte zu respektieren, Toleranz zu erlernen und bewusst mit Kulturunterschieden umzugehen." Christiane Meisenburg
Am Anfang stand die illustrierte Geschichte von Shaun Tan "The Arrival" (deutsch: Ein neues Land ), die die Gefühle eines Flüchtlings beim Verlassen des Heimatlandes thematisiert. Nach der emotionalen Einstimmung waren die Kinder gespannt darauf, mehr über ihre eigene Familiengeschichte zu erfahren.
Sie führten deshalb Interviews in ihren Familien, um mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Dieser Schritt war nicht verpflichtend, aber alle Eltern waren einverstanden. Diese sehr persönlichen Gespräche bildeten die Basis für die Erstellung digitaler Landkarten, mit denen die Kinder den Migrationsweg ihrer Familien nachzeichneten. Kamen alle Verwandten aus Berlin, nutzen sie den Stadtplan, um die Herkunft nachzuvollziehen. Zusätzlich malten und zeichneten sie Familienstammbäume.
Die digitalen Landkarten tauschten die Gruppen im TwinSpace aus. In der "Chatterbox", einem digitalen Videoaufzeichnungsprogramm, konnten alle zusehen und zuhören, wie die andere Gruppen ihre Landkarten erläutern. Obwohl die Berliner Schülerinnen und Schüler nicht so gut Englisch verstanden, interessierten sie sich für die Geschichten ihrer Partner und hörten den Übersetzungen ihrer Lehrerin zu.
Sich für die eigenen Wurzeln zu interessieren und die eigene Geschichte und die ihrer Freunde wertzuschätzen, ist ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstbewusstsein und interkultureller Kompetenz.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Essen, Feiern, Geschichten erzählen

Zur Migrationsgeschichte und der Erforschung der kulturellen Wurzeln gehören auch Gewohnheiten wie Essen, Feiern und Märchen. Sie zeugen zugleich von den Veränderungen, die solche Traditionen durch Umzug und Neuanfang erfahren. Zur Überraschung der Berliner Kinder werden manche Märchen in allen Sprachen erzählt. Schülerinnen und Schüler aus Schweden und Großbritannien kennen das türkische Schattentheater Karagöz ebenso wie die Spandauer Kinder mit türkischen Wurzeln.
Die Partner fragten auch danach, was die anderen zuhause und in der Schule essen oder welche Feiertage für sie wichtig sind. Den Kindern machte es Spaß und für sie war es leicht zu verstehen, wenn die Jugendlichen aus Schweden die Speisen in ihrer Schulmensa fotografierten oder die Briten Präsentationen zum Osterfest auf der gemeinsamen Website teilten. "Für sie ist es normal, mit Kindern aus dem Ausland zu kommunizieren und sie verstehen einander", stellt Christiane Meisenburg fest. "Die Projektarbeit verändert die Kinder. Sie strengen sich an, auf Englisch verständlich zu schreiben, und bemühen sich ganz anders als im normalen Unterricht.
Europäische Projektarbeit mit eTwinning

Die Projektarbeit findet im geschützten virtuellen Klassenzimmer von eTwinning statt, zu dem nur die Partner Zutritt haben. Für Grundschulkinder ist es einfacher, wenn sie Gruppen bilden und sich im TwinSpace von eTwinning mit ihrem Gruppennamen anmelden. Damit wird die Szenerie im Computerraum und auf der Plattform für alle übersichtlicher. Persönliche Beiträge werden zwar mit Namen gekennzeichnet, aber die Kinder helfen sich gegenseitig in der Gruppe, wenn sie Beiträge lesen, kommentieren oder selbst erstellen.
Gerne bedienen sie dabei das "Padlet", eine Art schwarzes Brett im Internet, wo sie Bilder zeigen, Grüße hinterlassen oder ihre Meinung sagen. Sie lernen dabei die verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten des Internets kennen, bedienen Computer, nutzen die Videoaufzeichnung oder erstellen Präsentationen mit Powerpoint. Im Rahmen von eTwinning lernten sie verschiedene andere Werkzeuge kennen, mit denen sie im Rahmen von eTwinning digitale Puzzles, Spiele oder Zeichnungen erstellten. Die europäische eTwinning-Plattform ist kindgerecht und nutzerfreundlich, sodass Beiträge einfach erstellt und im geschützten Rahmen leicht mit den Partnerklassen geteilt werden können.
Wie Projektarbeit gelingt
Wir fragten Christiane Meisenburg als erfahrene eTwinning-Lehrerin nach den Besonderheiten ihres Projektes und Tipps für die Durchführung von eTwinning-Projekten im Unterricht.
- Das Besondere dieses Projekts ist das Thema Migration. In allen drei Schulen ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund groß. Umso interessanter war es für die Lernenden, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Alle drei Schulen arbeiteten mit externen Expertinnen und Experten zusammen, wie zum Beispiel mit dem "Migration Museum Project" in London oder dem Verein Migrantas in Berlin. Dieser Zusammenarbeit verdanken sie auch den inspirierenden Einstieg mit der Graphic Novel von Shaun Tan "The Arrival".
- Gut planen und flexibel sein: Die Lehrerinnen und Lehrer entwickelten ihr eTwinning-Projekt gemeinsam "face-to-face" bei einem privaten Besuch in London. Gleichzeitig sind sie offen für Neues, wenn sich im Arbeitsprozess Änderungen ergeben oder interessante Ideen für Aktivitäten entstehen. Das Thema konnte so immer erweitert werden. Per eMail und über ein Konferenztool im Internet fanden regelmäßige Absprachen statt.
- Wichtig ist die Vorstrukturierung des TwinSpace: So wissen alle, welche Seiten es gibt und wo etwas abgelegt werden kann. Die Grundstruktur hilft und kann geändert werden.
- Der Austausch der Kinder im TwinSpace wird thematisch vorbereitet: Die Lehrkräfte schlagen Themen vor, zu denen die Schülerinnen und Schüler ihre Meinung sagen und Beiträge schreiben.
- Für jüngere Kinder ist es günstig, wenn sie in Kleingruppen im TwinSpace aktiv sind. Jede Gruppe gibt sich einen Namen und meldet sich so im Twinspace an. Alles wird dadurch übersichtlicher.
- In Berlin fördert der "eEdcuation Berlin Masterplan" die informationstechnische Bildung und die Entwicklung von Medienkompetenz. An der Siegerland-Grundschule können Kinder an wöchentlich zwei Stunden IT-Unterricht teilnehmen und so an ihrem eTwinning-Projekt arbeiten.
Projektdaten
eTwinning-Projekt: "Who Do You Think You Are - come trace your roots with us"
Ansprechpartnerin
- Christiane Meisenburg
Siegerland-Grundschule (Berlin)
Partnerschulen
Hässelbygårdsskolan (Hässelby, Schweden)
Tendring Technology College (Frinton on Sea, Vereinigtes Königreich)
Weiterführende Websites
- Projektwebsite "Who Do You Think You Are - come trace your roots with us"
- Projekt-Twinspace mit Dokumentation der Ergebnisse
- Präsentation zur Projektarbeit
Projektsprache
- Englisch
Auszeichnung
Das Projekt "Who Do You Think You Are - come trace your roots with us" wurde im März 2016 beim Deutschen eTwinning-Preis mit dem Spezialpreis "Migration – Integration: Schule gestaltet Vielfalt!" ausgezeichnet. Deutscher eTwinning-Preis
Mehr zu digitalen Medien im Unterricht
Wie der Einsatz digitaler Medien zur Integration von Migrantinnen und Migranten beitragen kann, zeigt Christiane Meisenburg in einem weiteren eTwinning-Projekt. In "The new Europeans - the two wooden dolls project" erleben eine schwedische Migrationsklasse der Hässelbygårdsskolan in Hässelby und die Siegerland-Grundschule in Berlin gemeinsam ihren Alltag unter neuen Blickwinkeln. Für den Austausch nutzen die beiden Schulen die "Storyline-Methode" mit imaginären Schülerinnen und Schülern. Dazu verwenden sie zwei Holzpuppen. Mehr zum Projektablauf und den eingesetzten Methoden lesen Sie in der Dokumentation bei Lehrer-Online.