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Rollenwechsel

Vom Austauschschüler zum Begleitlehrer: Johannes-Joachim Brysch unterrichtet am Anne-Frank-Gymnasium Werne und kennt den deutsch-amerikanischen Austausch mit GAPP aus beiden Perspektiven.

Wettkampf und Sport als Event

Die erste Begegnung mit dem Vater seiner amerikanischen Gastfamilie steht Johannes-Joachim Brysch noch heute lebhaft vor Augen: „Mein ›Dad‹ war ein Zweimetermann und Sportdirektor unserer Partnerschule. Ich hingegen bin um mindestens einen Kopf kleiner und hatte mich nie sonderlich für Sport interessiert. Und dennoch war das Eis sofort gebrochen und ich wurde ein Teil der Familie“, erinnert er sich an diesen Moment ‒ der durchaus symbolisch dafür stehen kann, dass die Vereinigten Staaten von Amerika zwar durch enorme Gegensätze geprägt sind, die Menschen aber gerade im Sport ein „Spirit“ verbindet, der sich schnell auf andere überträgt. „Als Sportdirektor war mein Gastvater auch Coach der Basketballmannschaft. Da saßen wir dann am Freitag nach Schulschluss am Spielfeld zusammen und haben unsere Mannschaft angefeuert. Sportlicher Wettstreit ist hier ein Event für alle.“

 

Die USA abseits der Touristenrouten

Der Sportsgeist, den Johannes-Joachim Brysch damals in Bowling Green (Kentucky) während des zweiwöchigen GAPP-Austauschs erlebte, bringt ihn noch heute ins Schwärmen – auch deshalb, weil er damit das Land aus einer völlig neuen Perspektive kennenlernte. Urlaubsreisen hatten ihn bis dahin in Städte und Regionen an der West- und Ostküste gebracht. Was aber eine amerikanische Kleinstadt abseits der Touristenrouten auszeichnet, war für den damaligen Zehntklässler des Anne-Frank-Gymnasiums (AFG) in Werne (Nordrhein-Westfalen) allenfalls mit Klischees besetzt: „Offen gesagt, dachte ich erst, dass hier typische Rednecks leben, die jeden Abend auf die Jagd gehen. Aber das war bei meiner Gastfamilie überhaupt nicht der Fall.“ Nicht weniger beeindruckte ihn zudem die hohe Identifikation mit der Schule, die sich als Ort des Unterrichts und gemeinsamen Erlebens für alle versteht: „Es war zum Beispiel selbstverständlich, dass Lernbegleiter mit im Unterricht sitzen und Kinder mit besonderem Förderbedarf begleiten. Dieser inklusive Ansatz stärkt den Zusammenhalt ungemein“, sagt er.

Porträt Alumni

 

Früher Schüler und jetzt Begleitlehrer im Programm: Johannes Brysch kennt GAPP aus beiden Perspektiven.

  • Austausch mit GAPP

    Der erste Eindruck zählt

    „Mein ›Dad‹ war ein Zweimetermann und Sportdirektor unserer Partnerschule. Ich hingegen bin um mindestens einen Kopf kleiner und hatte mich nie sonderlich für Sport interessiert. Und dennoch war das Eis sofort gebrochen und ich wurde ein Teil der Familie“, erinnert sich Johannes-Joachim Brysch an die erste Begegnung. Der Kontakt besteht bis heute fort.
     

  • Austausch mit GAPP

    In den Alltag integriert

    Wie fest er während des Austausch im Alltag integriert war, zeigte sich während der Familienbesuche in den Tagen vor Weihnachten: „Da waren die Großeltern meiner Gastgeschwister eben auch meine Großeltern“, erinnert sich Johannes-Joachim Brysch.

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Fest integriert im Familienleben

So stand denn schnell für ihn fest, dass er erneut und diesmal für länger zurückkehren wollte. Um allerdings nicht Gefahr zu laufen, nach einem Jahresprogramm an einer High School nach der Rückkehr in Werne die Klasse wiederholen zu müssen, kam Heike Armbrust, die GAPP-Koordinatorin am AFG, auf eine schlaue Idee: Im Jahr darauf begleitete Johannes-Joachim Brysch als amerikaerfahrener Schüler die Austauschgruppe beim Besuch in Bowling Green, um nach diesem offiziellen Teil einfach drei Monate anzuhängen. „Damit das klappt, hat sich mein früherer Gastvater ziemlich reingehängt. So konnte ich länger bleiben und in dieser Zeit ganz normal im Schulsystem mitlaufen“, erinnert er sich an den ungewöhnlichen Weg, der ihm noch einmal ganz andere Eindrücke vermittelte: „Der zweiwöchige GAPP-Austausch ist geprägt durch viele Aktivitäten und viel Tamtam. Schließlich wollen sich alle von ihrer besten Seite zeigen. Solche Begegnungen lassen erste Bindung entstehen, die umso fester werden, je mehr Zeit man miteinander verbringt und je tiefer man in den Alltag eintaucht“, berichtet er. Wie fest er integriert war, zeigte sich während der Familienbesuche in den Tagen vor Weihnachten: „Da waren die Großeltern meiner Gastgeschwister eben auch meine Großeltern.“

 

Zurück zum Auslandspraktikum

Bei diesen engen Beziehungen ist es geblieben. Wann immer sich die Gelegenheit bot, haben die Familien gegenseitig Besuche organisiert. Dass sein „Dad“ sich in Werne dabei besonders für das örtliche Sportangebot interessierte, liegt auf der Hand ‒ wenngleich ein Besuch im nicht weit entfernten Stadion der Dortmunder Fußballbundesligisten bislang nicht geklappt hat. Und wenn immer sein älterer Gastbruder, der eine Berufslaufbahn bei der Armee eingeschlagen hat, in Europa ist, versuchen sie ein Treffen einzurichten. Da verstand es sich auch fast von selbst, dass Johannes-Joachim Brysch ein Auslandspraktikum während seines Lehramtsstudiums erneut nach Bowling Green führte. In den drei Monaten unterrichtete der angehende Geschichtslehrer dort „World History“, was ihm heute in Werne im bilingualen Unterricht dieses Faches zugutekommt. „Geschichte ist ja prädestiniert dafür, es den Schülerinnen und Schülern durch die Arbeit mit Quellen in deren Originalsprache nahezubringen“, sagt er.
 

 

  • Portrait Johannes-Joachim Brysch mit grafischen Elementen
    Austausch mit GAPP

    „Ich will unseren Schülerinnen und Schülern mitgeben, was ich selbst erlebt habe: Dass ich in Bowling Green ein ›Home far away from home‹ gefunden habe und dass ich dort jederzeit willkommen bin.“

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Echte Begegnung ist durch nichts zu ersetzen

Die vielen Erfahrungen und seine Begeisterung für das Land und seine Menschen gibt Johannes-Joachim Brysch mittlerweile dort weiter, wo für ihn selbst alles begonnen hat. Nach Abschluss seines Referendariats unterrichtet er am AFG – und unterstützt gemeinsam mit seiner früheren Lehrerin Heike Armbrust die Schülerinnen und Schüler, die sich nach den virtuellen Begegnungen während der Coronapandemie wieder auf den Austausch in Echtzeit vorbereiten. „Ein virtueller Austausch ist gut, um erste Kontakte herzustellen. Aber man braucht zusätzlich etwas zum Anfassen und die Perspektive für eine Begegnung. Sonst gibt es unter den Schülerinnen und Schülern schnell enttäuschte Gesichter und sie verlieren ihre Motivation“, sagt Johannes-Joachim Brysch. Dabei denkt er auch an seine Kolleginnen und Kollegen vor allem der Warren Central High School, die an ihrer Schule in einem sozialen Brennpunkt unter viel stärkerem Druck stehen, die Eltern für einen Deutschlandbesuch ihrer Kinder zu gewinnen: „Es sind einzelne Lehrkräfte, die sich für diesen Austausch stark machen. Aber wenn wir nicht am Ball bleiben, dann brechen diese Kontakte weg.“