Wie sind Sie auf das Hospitationsprogramm aufmerksam geworden?
An meiner Schule, dem Lyzeum Nr. 5 in Iwano-Frankiwsk, gibt es erweiterten Deutschunterricht. Unsere Schülerinnen und Schüler lernen Deutsch sehr gut, bis zum Niveau C1 und können dann das Deutsche Sprachdiplom (DSD) machen. Wir unternehmen mit ihnen in der 10. Klasse auch Auslandsfahrten, beispielsweise nach Österreich und in die Schweiz. Mein Schulleiter hat mich dann darauf aufmerksam gemacht, dass es das Hospitationsprogramm für Deutschlehrkräfte gibt. Er hat mir vorgeschlagen, mich zu bewerben.
Welche Eindrücke hatten Sie vom Unterricht am Antonianum?
Ich konnte während der drei Wochen in Englisch, Sport, Chemie, Musik und weiteren Fächern hospitieren – das war ähnlich, wie ich es kenne. Mir ist aufgefallen, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterricht still und höflich waren. Keiner der Lehrerinnen und Lehrer hat geschrien, um für Ruhe zu sorgen. Die Klassen arbeiten auch gerne in Teams – dafür ist bei uns leider meistens keine Zeit. Mir hat auch sehr gefallen, dass es Doppelstunden gibt. Bei uns werden oft sieben verschiedene Fächer an einem Tag unterrichtet, das ist sehr viel. Weniger Fächer ist auch gut für die Gesundheit, weil man dann nicht so viele schwere Bücher im Rucksack zur Schule tragen muss. Ein Unterschied ist auch, dass die Schule hier 13 Jahre dauert. Bei uns sind es nur zwölf Jahre bis zum Abitur.
Wurden Sie auch auf den Krieg in der Ukraine angesprochen?
Die Schüler waren eher neugierig, wie die Kinder in der Ukraine lernen. Meistens haben mich die Lehrkräfte nach dem Krieg gefragt. Iwano-Frankiwsk ist nah an der polnischen Grenze, die Lage ist nicht so schwierig wie im Osten der Ukraine. Wir fühlen den Krieg nicht so stark. Leider haben wir uns auch daran gewöhnt. Ich selbst habe zwei Kinder, da muss das Leben einfach irgendwie weitergehen.
Nataliia Tsok (Наталя Цьок)
Gastschule: Gymnasium Antonianum in Vechta (Niedersachsen)
Herkunftsland: Ukraine
Heimatschule: Lyzeum Nr. 5 in Iwano-Frankiwsk (DSD Schule)
Mehr über das Programm
Hier gibt es alle Informationen über das Hospitationsprogramm für ausländische Deutschlehrkräfte.
Es wird durchgeführt im Rahmen der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH).
"Streitschlichter"
Am Antonianum gibt es viele AGs, das war etwas Neues für mich. Besonders die Streitschlichter finde ich toll, das sollten wir an unserer Schule auch ausprobieren. Auch die "grünen Klassenräume" haben mir sehr gut gefallen – also im Sommer den Unterricht draußen zu machen.
Als Kritikpunkt ist mir aufgefallen, dass die Pausen zu kurz sind und man nicht viel Zeit hat, um etwas zu essen. Überrascht war ich auch davon, wie ungesund das Essen für die Schülerinnen und Schüler ist. Wir haben mehr Obst und Gemüse – dort gab es sehr viel Pommes und solche Gerichte.
Was für Eindrücke nehmen Sie aus Deutschland mit?
Ich habe auch sehr viele Führungen gemacht, Museen, Ausstellungen und Städte in der Umgebung besucht, wie Osnabrück und Bremen. Besonders die Stadtführung in Bremen hat mir gut gefallen, mit den tollen Gebäuden und der Geschichte der Stadtmusikanten. Außerdem war ich beim Konzert einer deutschen Band, das war eine tolle Atmosphäre und vielleicht mein bestes Erlebnis überhaupt.
"Die Bremer Stadtmusikanten"
Ich habe bei einer Lehrerin gewohnt und so die ganzen drei Wochen mit ihr und ihrer Familie verbracht. Das war sehr nett, wir haben auch viele Ausflüge gemeinsam gemacht. Ihr Mann Jens hat immer gut gekocht und die deutschen Brötchen – das sind die leckersten, die ich in meinem Leben gegessen habe. Es ist noch nichts konkret geplant, aber ich bin noch im Kontakt mit der Lehrerin und fände es sehr schön, wenn auch unsere Familien sich nochmal treffen würden. Insgesamt war es eine sehr schöne Erfahrung und wie der beste Urlaub für mich. Ich habe nicht nur sehr viel gelernt, sondern mich auch erholt. Die Menschen waren auch alle sehr nett und ich war wirklich positiv überrascht, wie viel Unterstützung es für die Ukraine gibt.
Austausch mit der Ukraine
Der PAD unterstützt den schulischen Austausch mit der Ukraine auch im Rahmen von Schulpartnerschaften und Erasmus+. Alle Informationen zum Austausch mit der Ukraine hier.