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Hybrid arbeiten und kochen

Von der Begegnung in Präsenz zum hybriden Format: Die Berufliche Schule des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe und ihre Partner in Polen und Israel haben einen für Ende November geplanten Austausch kurzerhand ins Netz verlegt.

Auf Spurensuchen nach Angehörigen und Nachfahren

Schmuck, Erinnerungsfotos, Papiere: Bei der Verhaftung nahmen die Nazis ihren Opfern alle persönlichen Sachen ab. Einige Tausend solcher Gegenstände aus Konzentrationslagern gibt es noch heute, weil sich nach 1945 zunächst kein Eigentümer fand. Verwahrt werden diese Effekten von den „Arolsen Archives“ im nordhessischen Bad Arolsen, die dazu das Projekt #StolenMemory initiiert haben. Um den Familien der Opfer die Gegenstände zurückzugeben, können freiwillige Helfer das Archiv bei der Spurensuchen nach Angehörigen und Nachfahren unterstützen.

Für Claudia Schecker, die an der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein) Wirtschaft und Rechtslehre lehrt und dort den internationalen Austausch koordiniert, sind die „Gestohlenen Erinnerungen“ ein fester Bestandteil ihres Unterrichts in der 11. Jahrgangsstufe. „Das Projekt, bei dem wir mit Schulen in Polen, der Ukraine und bis 2022 auch in Russland kooperieren, liegt mir sehr am Herzen, weil sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Schicksal einzelner Menschen befassen. Themen wie Verfolgung und Diskriminierung werden damit greifbar“, sagt sie. Besonders spannend wird es immer dann, wenn die biografische Spurensuche erfolgreich verläuft. „Mit dem Internet sind Recherchen heute viel einfacher möglich als früher, sodass wir tatsächlich schon mehrere Nachkommen ausfindig machen konnten. Die Übergaben der Effekte waren sehr emotionale Begegnungen, denn viele Angehörige wissen wenig über ihre Vorfahren. Oft haben sie nicht einmal ein Bild.“

  • Porträtbild einer Lehrerin
    Aus der Praxis

    „Die Schülerinnen und Schüler befassen sich mit dem Schicksal einzelner Menschen. Themen wie Verfolgung und Diskriminierung werden damit greifbar.“

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Ein Zufall stand Pate

So hilfreich die Möglichkeit zu digitalen Recherchen sind: Der Faktor Zufall spielt im Projekt #Stolen Memory nach wie vor eine erhebliche Rolle. Ein Zufall stand auch am Anfang des Israelaustauschs, den die Schule neuerdings plant: Anfang 2023 nahm Claudia Schecker an einer Fortbildung in Israel teil, wie sie inzwischen alle Bundesländer in Kooperation mit der Holocaust-Gedenkstätte in Yad Vashem anbieten. Ein Mitarbeiter des Sicherheitspersonals entpuppte sich dabei als Lehrerkollege, der eigentlich am Amit Engineering College unterrichtet. Dort werden unter anderem Mechatronikerinnen und Mechatroniker ausgebildet. Daraus ergab sich spontan ein Besuch der Schule und ein Gespräch mit dem Direktor, das zwar nicht lange dauerte, bei allen Beteiligten aber einhellig den Eindruck hinterließ: „Unsere Schulen passen sehr gut zueinander.“

Um einen ersten Austausch zu planen, folgte im Juni ein vorbereitender Besuch in Bad Oldesloe, den der PAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes unterstützen konnte. „Gerade am Anfang gibt es ja viele praktische Fragen zu klären, bis hin zu den Essgewohnheiten. Unsere Schule liegt in einer ländlichen Region, da kann man nicht einfach so koscher Essen gehen“, sagt Claudia Schecker. Darüber hinaus standen für die Gäste Hospitationen im Unterricht und Besuche in den Ausbildungsbetrieben der Schülerinnen und Schüler auf dem Programm. Die Begegnung der Lehrkräfte vor dem ersten Austausch mit Schülerinnen und Schülern empfahl sich für Claudia Schecker allerdings auch aus grundsätzlichen Erwägungen: „Bei einem solchen Besuch lernt man sich kennen, gewinnt Vertrauen und kann auf dieser Grundlage Projekte besser planen“, ist sie überzeugt. Ein erster Besuch der Schülergruppe aus Israel sollte dann Ende November stattfinden.

  • Austausch mit Israel

    Zusammenarbeit im Hybridformat

    Da die Schülergruppe aus Israel nicht ausreisen konnte, wurde die Begegnung, an der auch eine Schule aus Gdynia nahe Danzig teilnehmen sollte, kurzerhand hybrid organisiert. In der Woche vor Weihnachten trafen sich angehende Mechatronikerinnen und Informatiker aus Polen und Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums der Fachrichtung Technik aus Bad Oldesloe in einer Bildungsstätte in Mölln und schalteten die Partner zu.

  • Austausch mit Israel

    Mit gemeinsamer Vorbereitung geht vieles besser

    Sich kennenlernen, organisatorische Fragen klären und gemeinsam Projektideen entwickeln: Zum Start der Zusammenarbeit kam eine Gruppe aus Israel zum vorbereitenden Besuch in Bad Oldesloe. Durch Hospitationen erhielten sie dort auch einen Einblick in die Unterrichtspraxis.
     

  • Austausch mit Israel

    Die Lichter zum Leuchten bringen

    In Schülertandems galt es eine anspruchsvolle Aufgabe zu lösen: Auf der Plattform „Arduino“ sollten die Jugendlichen mittels einer Vorrichtung für Ein- und Ausgabebefehle, Mikrocontroller und Sensoren Steuerungseinheiten bauen, die, passend zur winterlichen Jahreszeit, LED-Lampen im Takt einer Weihnachtsmelodie zum Leuchten bringen.

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Hybrid arbeiten und kochen

Dass der Terrorangriff der Hamas auf Israel diesen Austausch in Präsenz vereiteln würde, konnte damals keiner ahnen. Doch deshalb alles aufgeben? Das kam für die Schulen nicht in Frage. Stattdessen wurde die Begegnung, an der auch eine Schule aus Gdynia nahe Danzig teilnehmen sollte, kurzerhand hybrid organisiert. In der Woche vor Weihnachten trafen sich angehende Mechatronikerinnen und Informatiker aus Polen und Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums der Fachrichtung Technik aus Bad Oldesloe in einer Bildungsstätte in Mölln und schalteten ihre künftigen Berufskolleginnen und -kollegen aus Israel online zu.

Zu bearbeiten gab es dabei ein anspruchsvolles technisches Projekt: Auf der Plattform „Arduino“ sollten die Jugendlichen mittels einer Vorrichtung für Ein- und Ausgabebefehle, Mikrocontroller und Sensoren Steuerungseinheiten bauen, die, passend zur Jahreszeit, LED-Lampen im Takt einer Weihnachtsmelodie zum Leuchten bringen. Kommuniziert wurde dabei auf Englisch: „Viele Schülerinnen und Schüler hatten die Sorge, dass sie die Sprache nicht gut genug beherrschen würden. Aber sie haben schnell gemerkt, wie leicht ihnen das Sprechen fällt, wenn Englisch für alle eine Fremdsprache ist. Da sind einige Freundschaften entstanden“, hat Claudia Schecker beobachtet. Einen Beitrag dazu zu leistete sicher auch das hybride Kochevent mit landestypischen Gerichten, bei dem Schnitzel, Piroggen und Humus zubereitet wurden. Bleibt zu hoffen, dass das erste Projekttreffen in Präsenz bald nachgeholt werden kann – und alle richtig auf den Geschmack kommen.

Textseite mit Stift Eine schematische Textseite mit einem Stift rechts daneben.

Hier erfahren Sie mehr über das Projekt #StolenMemory